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Die gleichzeitige Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension ist ein kontroverses Thema in der steuerlichen Praxis. Die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind dabei nicht immer einer Meinung. Unternehmen, insbesondere Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF), müssen klare und eindeutige vertragliche Regelungen treffen, um verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu vermeiden. In diesem Beitrag werden die gesetzlichen Grundlagen, die Positionen von BFH und Bundesfinanzministerium (BMF) sowie praktische Tipps für die Umsetzung dargestellt.
Rechtliche Grundlagen und steuerliche Vorgaben
Grundsatz der steuerlichen Behandlung von Gehalt und Pension: Nach dem BFH-Urteil vom 15. März 2023 dürfen Gesellschafter-Geschäftsführer nach Eintritt des Versorgungsfalls sowohl Gehalt für ihre fortgesetzte Tätigkeit als auch ihre betriebliche Altersversorgung (BAV) beziehen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Summe von Gehalt und Pension die letzten Aktivbezüge vor Eintritt des Versorgungsfalls nicht übersteigt. Andernfalls könnte dies als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gewertet werden.
Definition der verdeckten Gewinnausschüttung (vGA): Eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) liegt vor, wenn einem Gesellschafter ein Vorteil gewährt wird, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer einem fremden Dritten nicht gewährt hätte. Im Zusammenhang mit der Auszahlung von Gehalt und Pension besteht die Gefahr einer vGA, wenn die Summe aus beidem die zulässige Obergrenze (letzte Aktivbezüge) überschreitet.
Das BFH-Urteil vom 15. März 2023
Kernaussagen des BFH-Urteils: Der BFH hat klargestellt, dass die gleichzeitige Zahlung von Gehalt und Pension zulässig ist, wenn die Summe beider Zahlungen die letzten Aktivbezüge nicht übersteigt. Diese Entscheidung hat die steuerliche Praxis erheblich beeinflusst, da die bisherigen Positionen der Finanzverwaltung strenger waren.
Teilzeitbeschäftigung nach Rentenbeginn: Der BFH erkennt an, dass eine fortgesetzte Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers in Teilzeit möglich ist. In diesem Fall müssen jedoch die Vergütungsregelungen entsprechend angepasst werden. Eine Teilzeitquote von 50 % bedeutet beispielsweise, dass von den verbleibenden 70 % (nach Abzug der Pension) nur 50 % an Gehalt gezahlt werden dürfen.
Beispielrechnung:
- Letztes Aktivgehalt: 100 %
- Betriebsrente: 30 %
- Verbleibendes Gehaltspotenzial: 70 %
- Teilzeitquote: 50 %
- Maximal zulässiges Gehalt: 35 % (50 % von 70 %)
Position des Bundesfinanzministeriums (BMF)
Inhalt des BMF-Schreibens vom 30. August 2024: Das BMF hält an seiner restriktiveren Auffassung fest. Laut BMF ist die parallele Zahlung von Gehalt und Pension nur bei einer fortgesetzten Vollzeitbeschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers zulässig. Eine Teilzeittätigkeit sei mit der Stellung eines Gesellschafter-Geschäftsführers unvereinbar.
Nichtanwendungserlass: Das BMF hat für die BFH-Entscheidung einen Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Das bedeutet, dass die Finanzverwaltung die BFH-Entscheidung nicht in ähnlichen Fällen anwenden wird. Steuerpflichtige müssen daher mit Konflikten mit der Finanzverwaltung rechnen.
Unterschiede zwischen BFH und BMF: Die Auffassungen von BFH und BMF unterscheiden sich grundlegend. Der BFH erkennt die Möglichkeit an, dass Gehalt und Pension parallel gezahlt werden dürfen, wenn die Summe die letzten Aktivbezüge nicht übersteigt. Dies gilt auch im Falle einer Teilzeitbeschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers. Im Gegensatz dazu verfolgt das BMF eine strengere Linie und erklärt, dass eine parallele Zahlung von Gehalt und Pension nur bei einer Vollzeitbeschäftigung zulässig ist. Das BMF betrachtet eine Teilzeittätigkeit als nicht vereinbar mit der Rolle eines Gesellschafter-Geschäftsführers und geht davon aus, dass hier eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt.
Praxisbeispiele zur Gehalts- und Pensionszahlung
Beispiel 1: Vollzeitbeschäftigung nach Rentenbeginn
- Gehalt: 70 %
- Betriebsrente: 30 %
- Summe: 100 % (zulässig, da keine Überschreitung)
Beispiel 2: Teilzeitbeschäftigung nach Rentenbeginn
- Letztes Aktivgehalt: 100 %
- Betriebsrente: 30 %
- Verbleibendes Gehaltspotenzial: 70 %
- Teilzeitquote: 50 %
- Maximal zulässiges Gehalt: 35 % (nach BFH)
- Mögliche Konsequenz: Nach BMF nicht zulässig (vGA)
Beispiel 3: Übergangsphase nach Betriebsübergabe
Häufig bleibt der „alte“ GGF für eine befristete Übergangszeit zur Verfügung. Bei einer Teilzeitbeschäftigung ist das Risiko einer vGA nach BMF hoch.
Tipps für Unternehmen und Gesellschafter-Geschäftsführer
- Vertragliche Klarheit: Stellen Sie sicher, dass die Regelungen zu Gehalt und Pension eindeutig definiert sind.
- Dokumentation: Legen Sie schriftlich fest, wie der Umfang der fortgesetzten Tätigkeit nach Eintritt des Versorgungsfalls aussieht.
- Prüfung durch Experten: Lassen Sie die Vereinbarungen von Steuerberatern und Rechtsexperten prüfen.
- Regelmäßige Überprüfung: Stellen Sie sicher, dass bestehende Regelungen den neuesten Urteilen und BMF-Schreiben entsprechen.
- Strategien bei Konflikten: Berufen Sie sich bei Konflikten mit der Finanzverwaltung auf das BFH-Urteil und bereiten Sie sich auf ein Einspruchsverfahren vor.
Fazit
Die gleichzeitige Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension bleibt ein heikles Thema. Während der BFH eine pragmatische Sichtweise vertritt, verfolgt das BMF eine restriktive Haltung. Unternehmen und Gesellschafter-Geschäftsführer sollten auf klare vertragliche Regelungen und eine lückenlose Dokumentation achten. Im Konfliktfall können die BFH-Urteile als Argumentationshilfe genutzt werden.