Globale Geburtenrückgänge: Ausmaß und Ursachen
Die sinkenden Geburtenraten in den USA und China gehören zu den signifikantesten demografischen Entwicklungen der letzten Jahre. In den USA wurden 2023 etwa 3,6 Millionen Kinder geboren, doch die Geburtenrate liegt bei nur 1,62 Kindern pro Frau – der niedrigste Stand seit fast einem Jahrhundert. Zum Vergleich: In Schwellenländern wie Nigeria liegt die Geburtenrate bei 5,24. Auch in China ist die Situation dramatisch: 2023 wurden nur 9,02 Millionen Babys geboren, was einen weiteren Rückgang im Vergleich zu den 9,56 Millionen des Vorjahres darstellt. Beide Länder verzeichnen Geburtenraten, die weit unter der notwendigen Rate von 2,1 liegen, die erforderlich ist, um die Bevölkerungszahl stabil zu halten.
Die Ursachen sind vielfältig: In den USA haben Familien mit steigenden Lebenshaltungskosten zu kämpfen, darunter explodierende Betreuungskosten und ein fehlendes soziales Sicherheitsnetz. In Großstädten kostet ein Krippenplatz bis zu 3.000 Dollar im Monat, und 50 % der Familien leben laut Schätzungen in „Kinderbetreuungswüsten“. In China sind es vor allem die hohen Wohn- und Bildungskosten sowie der enorme Leistungsdruck, die viele Paare davon abhalten, mehr als ein Kind zu bekommen. Die durchschnittlichen Kosten für die Erziehung eines Kindes bis zum 18. Lebensjahr betragen in China 68.700 Euro, was das Land zu einem der teuersten Orte der Welt macht, um ein Kind großzuziehen.
Negative Auswirkungen auf Bildungs- und Betreuungssektoren
Ein direkter Effekt des Geburtenrückgangs zeigt sich im Bildungs- und Betreuungssektor beider Länder. In China haben in den letzten Jahren tausende private Kindergärten schließen müssen, da die Anmeldezahlen dramatisch gesunken sind. Zwischen 2022 und 2023 schlossen landesweit 14.800 Einrichtungen, und der Trend zeigt keine Anzeichen einer Umkehr. Diese Entwicklung hat auch Grund- und Mittelschulen erreicht. Die Zahl der Schulen in China ist von 498.300 im Jahr 2022 um knapp vier Prozent gesunken, und Experten erwarten, dass Universitäten langfristig ebenfalls betroffen sein werden.
Auch in den USA gibt es ähnliche Entwicklungen. Sinkende Geburtenzahlen bedeuten langfristig weniger Schüler und Studierende. Dies wird sich negativ auf das Bildungssystem auswirken, insbesondere auf private Bildungseinrichtungen, die auf hohe Einschreibungen angewiesen sind. Universitäten könnten zukünftig vor dem Problem stehen, dass es weniger inländische Studierende gibt, was ihre Einnahmen und ihr Fortbestehen gefährden könnte.
Arbeitsmarkt und Wirtschaft: Auswirkungen auf die Beschäftigung
Der Geburtenrückgang und die gleichzeitige Alterung der Bevölkerung haben massive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in beiden Ländern. In den USA wird erwartet, dass bis 2030 mehr als 20 % der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein werden. In China wird der Trend noch drastischer, da die Bevölkerung gleichzeitig altert und schrumpft. Dies führt zu einer Verknappung von jungen Arbeitskräften, was langfristig den Fachkräftemangel verschärfen könnte.
Kurzfristig mag der Rückgang der Bevölkerung den Druck auf den Arbeitsmarkt mildern, indem die Konkurrenz um Jobs abnimmt. Langfristig jedoch wird die Innovationskraft und Produktivität der Wirtschaft darunter leiden, da weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Besonders in China ist die Jugendarbeitslosigkeit ein wachsendes Problem, da viele Akademiker keine adäquaten Jobs finden.
Finanzielle Belastungen und Konsumrückgang
Sinkende Geburtenraten und eine alternde Bevölkerung haben auch erhebliche finanzielle Auswirkungen. Familien, die sich den hohen Kosten für Kinderbetreuung und Bildung nicht leisten können, konsumieren weniger. In den USA und China trägt der Geburtenrückgang dazu bei, dass der Konsum in vielen Bereichen zurückgeht. Besonders stark betroffen sind Branchen, die auf Kinder und junge Familien ausgerichtet sind, wie Spielzeug, Bekleidung und Bildungsprodukte.
Zusätzlich dazu kommen in den USA steigende Sozialausgaben auf das Land zu. Programme wie Social Security und Medicare verschlingen bereits jetzt einen Großteil des Staatshaushalts. Laut Prognosen des Congressional Budget Office könnte Social Security bereits 2033 zahlungsunfähig werden, da immer weniger junge Menschen in das System einzahlen und gleichzeitig immer mehr Rentner Leistungen beziehen.
Immobilienmarkt: Schrumpfende Nachfrage und Preisverfall
Ein weiterer Bereich, der stark von den demografischen Veränderungen betroffen ist, ist der Immobilienmarkt. In China führen die schrumpfende Bevölkerung und die sinkende Nachfrage nach Wohnraum zu einem Preisverfall bei Immobilien. Viele Immobilienentwicklungen, insbesondere in Großstädten wie Shanghai, stehen leer. Der Immobiliensektor, der jahrzehntelang einer der wichtigsten Wachstumsmotoren war, befindet sich in einer Krise.
Auch in den USA könnte der Immobilienmarkt in den kommenden Jahrzehnten von der Alterung der Bevölkerung betroffen sein. Sinkende Geburtenzahlen und eine wachsende Zahl älterer Menschen könnten die Nachfrage nach großen Familienwohnungen dämpfen und die Preise drücken. Dies könnte besonders in städtischen Gebieten zu einer Überversorgung führen, während die Nachfrage nach altersgerechtem Wohnraum steigen wird.
Positive Entwicklungen in bestimmten Sektoren
Trotz der vielen negativen Auswirkungen gibt es auch Sektoren, die von der demografischen Entwicklung profitieren. In den USA wird der Gesundheitssektor und die Altenpflege voraussichtlich stark wachsen. Die alternde Bevölkerung bedeutet eine steigende Nachfrage nach Gesundheitsdiensten Gesundheitsdiensten, Pflegeeinrichtungen und medizinischen Produkten. In China könnte der Staat durch die Schließung privater Kindergärten den frühkindlichen Bildungssektor professionalisieren, indem er staatliche Einrichtungen fördert und ausbaut.
Diese Entwicklungen könnten zu neuen Geschäftsmöglichkeiten führen, insbesondere für Unternehmen, die sich auf Altenpflege, Gesundheitsdienste und altersgerechtes Wohnen spezialisieren. Auch der Markt für medizinische Technologien und Pflegedienstleistungen wird in beiden Ländern stark zunehmen.
Zukunftsperspektiven und mögliche Gegenmaßnahmen
Beide Länder stehen vor der Herausforderung, die Auswirkungen des Geburtenrückgangs abzufedern. In den USA wird über staatliche Anreize diskutiert, die Familiengründungen fördern sollen, wie zum Beispiel Steuererleichterungen und Subventionen für Kinderbetreuung. Auch China hat ähnliche Maßnahmen angekündigt, darunter die Vereinfachung von Eheschließungen und die Einschränkung von Scheidungen, um die Geburtenrate zu steigern. Experten sind jedoch skeptisch, ob diese Maßnahmen ausreichen werden.
Langfristig könnten die Geburtenrückgänge nicht nur die beiden Volkswirtschaften, sondern auch das globale Machtgleichgewicht beeinflussen. Eine alternde und schrumpfende Bevölkerung wird das wirtschaftliche Wachstum bremsen, was sowohl in den USA als auch in China zu erheblichen wirtschaftlichen Umbrüchen führen könnte. Die demografischen Veränderungen werden auch in Zukunft eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Wirtschafts- und Sozialpolitik spielen.