Urteil des Landgerichts Berlin (Az. 20 O 55/22) vom 28. Juni 2023, verkündet am 26. Juli 2023: André Gaufer und die PROfinance GmbH setzen sich erfolgreich gegen die Adler Group durch. Das Urteil ist ein bedeutender Erfolg für den Verbraucherschutz und betont die Rolle der Einhaltung von Notarverträgen beim Erwerb von Wohneigentum.
In dem Rechtsstreit
PROfinance GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer André Gaufer
gegen
1) Steglitzer Kreisel Turm GmbH
2) Steglitzer Kreisel Parkhaus GmbH
hat das Landgericht Berlin – Zivilkammer 20 – durch die Richterin am Landgericht Niemeitz als Einzelrichterin aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.06.2023 für Recht erkannt:
1. Die Beklagte zu 1. (Adler Group) wird verurteilt, für die Klägerin an der Wohnung Nummer 256 mit einer Größe von derzeit 280/100.000,00 Miteigentumsanteilen am Baugrundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Steglitz, Blatt 24123 der Gemarkung Steglitz, Flur 2, Flurstück 2275 mit einer Gesamtgrundstücksgröße von 4.537 m² gemäß der Urkunde des Notars Dr. Erik Bettin, Potsdamer Platz 9, 10117 Berlin, UR-NR. B 1637/2018, Wohnungseigentum in Form eines 255/100.000,00 Miteigentumsanteils am Baugrundstück „Turm“ und mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 256 bezeichneten Wohnung zu bilden.
2. Die Beklagte zu 2. (Adler Group) wird verurteilt, auf dem Baugrundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Steglitz, Blatt 23264 der Gemarkung Steglitz, Flur 2 des Flurstücks 2276 zu einer Größe von 3.009 m², die Teilung gemäß dem Aufteilungsplan mit Nr. 127 bezeichneten Tiefgaragenstellplatz unter Zuordnung von 60/100.000,00 Miteigentumsanteil vorzunehmen.
3. Die Widerklage wird abgewiesen.
4. Die Beklagten (Adler Group) haben die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Erhebung der Klage zum Amtsgericht Schöneberg entstanden sind, die die Klägerin vorab zu tragen hat, zu tragen.
5. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000 € und hinsichtlich des Tenors zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000 € vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich des Tenors zu 3. ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Einhaltung des notariellen Bauträgervertrags vom 18.10.2018. Mit notariellem Bauträgervertrag vom 18.10.2018 (Anlage K 1) verpflichteten sich die Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt als Steglitzer Kreisel Turm GbR und Steglitzer Kreisel Parkhaus GbR firmierten, zur Errichtung einer Wohnanlage im Steglitzer Kreisel in Berlin und die Beklagte zu 1. zur Übereignung eines Miteigentumsanteils zu 255/100.000,00stel an dem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 256 und die Beklagte zu 2. zur Übereignung eines Miteigentumsanteils zu 60/100.000,00stel verbunden mit dem Tiefgaragenstellplatz Nr. 127 zu Gunsten der Klägerin. Dazu heißt es in Zif. 2.3 des Vertrages:
„Kaufgegenstand des vorliegenden Vertrages ist das folgende noch mit Vollzug der Teilungserklärung im Grundbuch zu bildende Wohnungseigentum (Kaufgegenstand Wohnung) und das noch zu bildende Teileigentum (Kaufgegenstand Parkplatz), wobei Kaufgegenstand Wohnung und Kaufgegenstand Parkplatz zusammen auch nur als Kaufgegenstand bezeichnet werden:
255/100.000 Miteigentumsanteil am Baugrundstück Turm, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nummer 256 bezeichneten Wohnung (…). Der Bereich Sondereigentum wird nachfolgend „die Wohnung“ genannt.
60/100.000 Miteigentumsanteil am Baugrundstück Parkhaus, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nummer 127 bezeichneten Tiefgaragenstellplatz (…). Der Tiefgaragenstellplatz wird nachfolgend „der Parkplatz“ genannt.
Zur Bauverpflichtung in § 4 des Vertrages heißt es unter Zif. 4.3.: „Die geschuldete Beschaffenheit des Kaufgegenstandes bestimmt sich nach dem vorliegenden Kaufvertrag nebst Anlagen und im Übrigen nach der Baubeschreibung der Baugenehmigung. Soweit damit die Werkleistung nicht abschließend beschrieben ist, ist der Verkäufer berechtigt den Inhalt der Leistungen nach billigem Ermessen unter Einhaltung des im Übrigen vereinbarten Standards zu bestimmen.“
Ferner unter Zif. 4.9.: „Bauliche Abweichungen gegenüber der Werkleistung, wie sie nach dem Vorstehenden geschuldet ist, sind zulässig, wenn ihnen der Käufer schriftlich zustimmt oder ein wichtiger Grund vorliegt, namentlich
– soweit sie aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Vorgaben erforderlich sind oder
– soweit sie sich zur Erfüllung des geschuldeten Erfolges als technisch notwendig oder aus Sicht des Verkäufers als sinnvoll erweisen oder
– die bauliche Abweichung der Vermeidung von Kosten dient, die nach dem Maßstab des § 275 Abs. 2 BGB in einem groben Missverhältnis zu dem Interesse des Käufers an einer unveränderten Bauausführung stehen,
und die baulichen Abweichungen dem Käufer – auch unter Berücksichtigung seiner berechtigten Interessen – zumutbar sind, weil sie Güte, Wert und Gebrauchsfähigkeit des Kaufgegenstandes nicht oder nur unwesentlich mindern. Das vorstehend beschriebene Änderungsrecht steht dem Verkäufer unter den beschriebenen Voraussetzungen insbesondere in den Fällen zu, in denen in der Baubeschreibung und/oder in den Ausstattungslinien die Lieferung eines gleichwertigen Baustoffes oder -produktes vorgesehen und mit „oder gleichwertig“ gekennzeichnet sind.“
Zum Fertigstellungstermin in § 5 des Vertrages heißt es unter Zif. 5.1.: „Die Herstellung der Bezugsfertigkeit der kaufgegenständlichen Wohnung erfolgt bis zum 30.06.2022 (nachfolgend „Bezugsfertigkeitstermin“ ). … Die Fertigstellung des Kaufgegenstandes erfolgt bis zum 30.06.2022 (nachfolgend ebenfalls „Bezugsfertigkeitstermin“ genannt).“
Weiter unter Zif. 5.3.: „Unbeschadet von § 5.2 verlängern auch Verzögerungen die Bauzeit entsprechend der Dauer der Behinderung, soweit sie durch einen der folgenden, vom Verkäufer nicht zu vertretenen Umstände begründet sind:
– Streik oder Aussperrung im Betrieb des Verkäufers oder eines im Rahmen der Baudurchführung beauftragten Unternehmens, oder
– mehr als 40 Schlechtwettertage im Winter, wobei ein Schlechtwettertag in diesem Sinne immer dann gegeben ist, wenn die Voraussetzungen für die Behinderungsstufe C des Deutschen Wetterdienstes der Messstation Berlin-Tegel vorliegen, oder
– Widersprüche oder Anfechtungsklagen Dritter gegen die Baugenehmigung bzw. Baueinstellungen aufgrund öffentlich-rechtlicher oder gerichtlicher Entscheidungen, oder
– höhere Gewalt oder andere für den Verkäufer unabwendbare Umstände.“
Zum Kaufpreis wird in § 7 heißt es: „Der Kaufpreis für den Kaufgegenstand beträgt EUR 623.900,00 (…). Davon entfallen EUR 577.500,00 auf die Wohnung und EUR 46.400,00 auf den Parkplatz.“
In § 16 wird zum „Änderungsvorbehalt“ unter Zif. 16.1.c) ausgeführt:
„Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum bzw. von Wohn- in Teileigentum und umgekehrt nebst Änderung der Miteigentumsanteile, Bestellung, Änderung und Aufhebung von Sondernutzungsrechten, die nicht Gegenstand dieses Vertrages sind.“
Weiter unter Zif. 16.2.:
„Der Käufer ist gegenüber dem Verkäufer zur Mitwirkung an den in § 16.1 bezeichneten Maßnahmen verpflichtet, wenn diese nachträglich objektiv erforderlich werden, z.B. aus technischen oder baurechtlichen Gründen oder zu Vermeidung von Kosten, die nach Maßgabe von § 275 Abs. 2 BGB in einem groben Missverhältnis zu dem Interesse des Käufers an einer Unterlassung der Änderungsmaßnahme stehen oder zur Umsetzung von Käuferwünschen, und dem Käufer zumutbar sind, weil
a) sie den Wert der vertragsgegenständlichen Wohnung nicht mehr als nur unwesentlich mindern und ihre Nutzbarkeit nicht mehr als nur unwesentlich beeinträchtigen und Verkehrs- und Gemeinschaftsflächen, soweit für die Nutzung durch den Käufer von Interesse, nicht verkleinert, beeinträchtigt oder verlegt werden, oder
b) …
c) es sich bei objektiver Betrachtung um völlig unerhebliche Änderungen handelt.“
Für weitere Einzelheiten des Vertrages wird auf die als Anlage K 1 vorliegende Ablichtung des Notarvertrags vom 18.10.2018 verwiesen.
Nach Abschluss des Kaufvertrages erfolgte die Teilungserklärung, mit welcher dem Sondereigentum an der streitgegenständlichen Wohnung mit der Nr. 256 ein Miteigentumsanteil von 280/100.000,00 statt 255/100.000,00 zugeordnet und im Grundbuch von Steglitz auf Blatt 24123 eingetragen worden ist (vgl. Anlage K 2).
Die Beklagten forderten die Klägerin im Frühjahr 2021 zur Unterzeichnung einer Nachtragsvereinbarung zu Anpassungen zum Kaufvertrag vom 18.10.2018 (Anlage K 1) auf. In diesem Nachtragsentwurf (Anlage K 4) sind insbesondere folgende Veränderungen benannt:
Als Vormerkung unter Zif. 1.2. auf Seite 7:
„Durch die Planänderung im Bauteil E „Parkhaus“ (Flurstück 2276) wird der bisherige Kaufgegenstand „Stellplatz“ am Baugrundstück „Parkhaus“ nicht als Teileigentum erstellt. Eine Abgeschlossenheitsbescheinigung zum ursprünglichen geplanten Parkhaus gibt es nicht und wird, aufgrund von Bauplanungsänderungen, auch nicht erteilt werden.
Verkäufer Stellplatz und Käufer sind sich einig, dass der vorgenannte Teilkaufgegenstand „der Parkplatz“ als Kaufgegenstand entfällt und der Kaufvertrag nebst diesbezüglicher Bauverpflichtung und Regelungen insoweit aufgehoben wird.
Stattdessen wird dem Käufer die Möglichkeit zum Erwerb eines Stellplatzes in der Tiefgarage des künftigen Bürogebäudes auf den Flurstücken 2276 bzw. 2274, voraussichtlich in Form eines grundbuchlich gesicherten Nutzungsrechtes (Dienstbarkeit), zugesichert. Das Gebäude befindet sich derzeit in der Planung, weshalb eine Vereinbarung zur genauen Lage in den Tiefgaragengeschossen gegenwärtig nicht erfolgen kann. Der Verkäufer Stellplatz informiert den Käufer nach Vorliegen der Baugenehmigung. Der Käufer kann dann den Stellplatz bzw. das Nutzungsrecht erwerben. Die Lage und Größe des Stellplatzes wird individuell zwischen den Parteien abgestimmt und soll sich möglichst an der ursprünglichen Position und Größenkategorie orientieren. Die ursprünglich gewählte Stellplatz – Größe wird der zukünftigen Kategorie zugrunde gelegt. Die Kosten hierfür betragen maximal EUR 50.000,00 (Stellplatz L = mind. 2,25 m x mind. 4,95 m) / EUR 65.000,00 (Stellplatz XL = mind. 2,65 m x mind. 5,15 m / EUR 75.000,00 (Stellplatz XXL = mind. 2,45 m x 6,6 m).“
Zu „Grundbuch“ in § 2 unter Zif. 2.1.:
„Zwischenzeitlich ist die Teilungserklärung „Turm“ grundbuchlich vollzogen worden. Aufgrund dieser Grundbucheintragung der vorstehenden Urkunden ist der Verkäufer Eigentümer des im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Steglitz Blatt 24123 eingetragenen 280/100.000 Miteigentumsanteil am Flurstück 2275 der Flur 2 der Gemarkung Steglitz zu Größe von 4537 m², verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 256 bezeichneten Wohnung und dem Sondernutzungsrecht am Keller-/Abstellraum bezeichnet SNR AR 256, „nachstehend Kaufgegenstand genannt.“
Weiter dazu in § 3 zu „Identität/Verkauf/Vormerkung“ unter Zif. 3.1.:
„Der Verkäufer und Käufer erklärten, dass es sich bei dem vorbezeichneten Kaufgegenstand um die Wohnung handelt, die den Kaufgegenstand aus dem vorgenannten Kaufvertrag darstellt, auch sofern zwischenzeitlich durch die vorgenannten Urkunden eine Änderung der Höhe des auf die Wohnung entfallenden Miteigentumsanteils eingetreten ist.“
In § 5 werden „weitere Anpassungen zum Kaufvertrag“ aufgeführt. Unter Zif. 5.2. heißt es zum Fertigstellungstermin:
„Der im Kaufvertrag in § 5 benannte Bezugsfertigkeitstermin wird auf den 30.06.2024 verschoben; ebenso verschiebt sich der Termin für die Außenarbeiten auf den 30.11.2024.“
Unter Zif. 5.4. zum Fahrradaufzug:
„Der im Bereich EG – 1. OG vorgesehene Fahrradaufzug entfällt und wird nicht hergestellt. Stattdessen erfolgt der Zugang zum Fahrradkeller entweder über die geplanten Aufzüge gem. Baubeschreibung bzw. alternativ über eine Lastenaufzug des benachbarten Grundstücks.
Für weitere Einzelheiten des Anpassungsentwurfs wird auf die als Anlage K 4 vorliegende Ablichtung verwiesen.
Die Klägerin lehnte den Abschluss der Vertragsanpassung ab.
Aufgrund der fehlenden Übereinstimmung der Miteigentumsanteile im Grundbuch (280/100.000) zur Höhe im Kaufvertrag (255/100.000) scheiterte die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch zugunsten der Klägerin. Das Amtsgericht Schöneberg teilte mit Schreiben vom 24.06.2021 (Bl. 49 in Bd. I, ehemals Anlage K 2) mit, dass der beantragten Eintragung die Eintragungsbewilligung des Eigentümers fehle. Der Kaufgegenstand sei aufgrund der geänderten Höhe des Miteigentumsanteils nicht mehr identisch, sodass eine neue Eintragungsbewilligung zur neuen Höhe erforderlich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 24.06.2021 verwiesen.
Die Klägerin forderte die Beklagten mit Schreiben vom 28.06.2021 zur Übermittlung einer geänderten Eintragungsbewilligung auf. Mit Schreiben vom 13.07.2021 (Anlage B 7) und nach erfolgter Vollmachtsrüge erneut mit Schreiben vom 11.08. und 30.08.2021 (Anlage B 8) teilten die Beklagten über ihren Prozessbevollmächtigten mit, dass sie vom Kaufvertrag zurücktreten würden.
Im Handelsregister wurde am 19.02.2021 die Steglitzer Kreisel Turm GmbH & Co. oHG eingetragen und als persönlich haftende Gesellschafter die drei alleinigen Gesellschafter der Steglitzer Kreisel Turm GbR, namentlich die Artists Commercial Berlin-ST GmbH & Co. KG, die Artists Living Berlin-ST GmbH & Co. KG und die Artists Parking Berlin-ST GmbH & Co. KG. Ebenso erfolgte am selben Tag eine Eintragung für die Steglitzer Kreisel Parkhaus GmbH & Co. oHG.
Durch formwechselnde Umwandlung aufgrund eines Umwandlungsbeschlusses vom 10.03.2021 wurden am 07.04.2021 die Steglitzer Kreisel Turm GmbH und die Steglitzer Kreisel Parkhaus GmbH ins Handelsregister eingetragen.
Mit Schriftsatz vom 25.09.2021 hat die Klägerin zunächst beim Amtsgericht Schöneberg Klage gegen die Steglitzer Kreisel Turm GbR und die Steglitzer Kreisel Parkhaus GbR erhoben und beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, nach § 29 GBO für eine Auflassungsvormerkung des Miteigentumsanteils am Baugrundstück Turm, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 256 bezeichneten Wohnung und des Miteigentumsanteils am Baugrundstück Parkhaus, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Aufteilungsplan mit Nr. 127 bezeichneten Tiefgaragenstellplatz eine Eintragungsbewilligung zu Gunsten der Klägerin gegenüber dem Notar Dr. Bettin zur UR-Nr. 1637/2018 zum Zwecke des Eintragungsantrages zu erteilen.
Das Amtsgericht Schöneberg hat die Klägerin mit Verfügung vom 12.10.2021 (Bl. 59 Bd. I) darauf hingewiesen, dass die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts gegeben sein dürfte, woraufhin sich der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 29.11.2021 für die Klägerin meldete und einen Verweisungsantrag gestellt hat.
Das Amtsgericht Schöneberg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.01.2022 (Bl. 75 f. Bd. I) an das Landgericht Berlin verwiesen.
Das Landgericht hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.03.2023 darauf hingewiesen, dass das Handelsregister den ersten Anschein dafür begründen dürfte, dass sich die ursprünglichen GbRs – nach entsprechendem Vortrag der Beklagtenseite – in GmbHs umgewandelt haben könnten.
Nach Einsicht in die jeweiligen Grundbücher hat der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 11.04.2023 (Bl. 87 ff. Bd. II) vorgetragen, dass die streitgegenständlichen Kaufgegenstände im Eigentum der Steglitzer Kreisel Turm GmbH und der Steglitzer Kreisel Parkhaus GmbH stünden und eine entsprechende Änderung des Passivrubrums beantragt.
Die Klägerin meint, dass aufgrund der identitätswahrenden und formwechselnder Umwandlung nur eine Rubrumsberichtigung und keine Klageänderung vorliegen würde. Ferner, dass die Beklagten verpflichtet seien, die Kaufgegenstände entsprechend des notariellen Kaufvertrages vom 18.10.2018 herzustellen.
Die Klägerin beantragt zuletzt,
1. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, für sie an der Wohnung Nummer 256 mit einer Größe von derzeit 280/100.000,00 Miteigentumsanteilen am Baugrundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Steglitz, Blatt 24123 der Gemarkung Steglitz, Flur 2, Flurstück 2275 mit einer Gesamtgrundstücksgröße von 4.537 m² gemäß der Urkunde des Notars Dr. Erik Bettin, Potsdamer Platz 9, 10117 Berlin, UR-NR. B 1637/2018, Wohnungseigentum in Form eines 255/100.000,00 Miteigentumsanteils am Baugrundstück „Turm“ und mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 256 bezeichneten Wohnung zu bilden,
2. die Beklagte zu 2. zu verurteilen, auf dem Baugrundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Schöneberg von Steglitz, Blatt 23264 der Gemarkung Steglitz, Flur 2 des Flurstücks 2276 zu einer Größe von 3.009 m², die Teilung gemäß dem Aufteilungsplan mit Nr. 127 bezeichneten Tiefgaragenstellplatz unter Zuordnung von 60/100.000,00 Miteigentumsanteil vorzunehmen.
Die Beklagten haben der Antragsänderung nicht zugestimmt.
Die Beklagten zu 1. und 2. (Adler Group) beantragen, die Klage abzuweisen.
Sie beantragen widerklagend,
festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag, Notarvertrag des Notars Dr. Erik Bettin, UR-NR. B 1637/2018 vom 18.10.2018 durch die Rücktrittserklärungen der Beklagten zu 1. und 2. vom 27.07.2021 in ein Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 BGB umgewandelt worden sei und eine Verpflichtung der Beklagte zu 1. und 2. zur Verschaffung von Eigentum an den Kaufgegenständen jeweils nicht mehr bestehe,
hilfsweise
festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag, Notarvertrag des Notars Dr. Erik Bettin, UR-NR. B 1637/2018 vom 18.10.2018 durch die Rücktrittserklärungen der Beklagten zu 1. und 2. vom 11.08.2021 in ein Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 BGB umgewandelt worden sei und eine Verpflichtung der Beklagte zu 1. und 2. zur Verschaffung von Eigentum an den Kaufgegenständen jeweils nicht mehr bestehe,
hilfsweise
festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag, Notarvertrag des Notars Dr. Erik Bettin, UR-NR. B 1637/2018 vom 18.10.2018 durch die Rücktrittserklärungen der Beklagten zu 1. und 2. vom 30.08.2021 in ein Rückgewährschuldverhältnis gem. § 346 BGB umgewandelt worden sei und eine Verpflichtung der Beklagte zu 1. und 2. zur Verschaffung von Eigentum an den Kaufgegenständen jeweils nicht mehr bestehe,
Die Klägerin (PROfinance GmbH) beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, eine Zuordnung von 255/100.000,00 Miteigentumsanteil zur streitgegenständlichen Wohnung könne nicht erfolgen, da die Größe der Wohnung einem 280/100.000,00 Miteigentumsanteil entsprächen würde. Ferner, dass eine nachträgliche Änderung auf 255/100.000,00 Miteigentumsanteil nicht mehr möglich sei.
Auch sind die Beklagten der Auffassung, dass den klägerischen Ansprüchen entgegenstünde, dass eine neue Eintragungsbewilligung aller Parteien, mithin auch der Klägerin erfolgen müsse.
Der Vertrag sei zudem wirksam durch den Rücktritt der Beklagten beendet worden. Die Klägerin habe sich aufgrund ihrer Weigerung, die Nachtragsvereinbarung zu unterschreiben, rechtsmissbräuchlich verhalten und gegen das Kooperationsgebot verstoßen. Die Klägerin sei aufgrund der Regelungen im Vertrag unter Zif. 4.3., 4.9. und 5.3. verpflichtet gewesen, den Änderungen zuzustimmen. Eine Befugnis zur Änderung des Miteigentumsanteils ergebe sich aus § 16.1.c des Kaufvertrages.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitgegenstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die zulässige Widerklage hingegen hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Landgericht Berlin ist gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO zuständig.
I. Klage
1. Der klägerische Antrag im Schriftsatz vom 11.04.2023, die Klage solle sich gegen die Steglitzer Kreisel Turm GmbH und die Steglitzer Kreisel Parkhaus GmbH richten, stellt nach Auslegung ei- ne zulässige Parteiberichtigung dar.
Die Voraussetzungen für eine Parteiberichtigung im Sinne des § 319 ZPO sind erfüllt. Diese ist dabei zunächst von der Parteiänderung abzugrenzen, wofür entscheidend ist, ob die durch Auslegung zu ermittelnde Identität der Partei gewahrt bleibt, was eine Berichtigung darstellen würde – oder ob nicht, sodass eine Änderung gegeben wäre (Althammer in Zöller, ZPO, 32. Auflage, Vor § 50, Rn. 13; MüKoZPO/Becker-Eberhard ZPO, 6. Auflage, § 253, Rn. 180-182 m.w.N).
Für die Unterscheidung zwischen einer falschen Bezeichnung der richtigen Beklagten, die der Berichtigung durch Auslegung zugänglich ist und der Auswahl eines falschen nicht passivlegitimierten Beklagten, die nur durch eine Klageänderung zu beheben ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2007, X ZR 144/06, zit. in beck online) ist entscheidend, welchen objektiven Sinn die prozessuale Erklärung der Klägerin hatte. Eine Parteibezeichnung als Teil einer Prozesshandlung ist grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgebend, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht der Empfänger (Gericht und Gegenpartei) zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Bei der Auslegung sind nicht nur die im Rubrum enthaltenen Angaben zu berücksichtigen, sondern auch der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwaiger beigefügter Anlagen. Es gilt dabei der Grundsatz, dass die Klageerhebung gegen die in Wahrheit gemeinte Partei nicht an deren fehlerhafte Bezeichnung scheitern darf, wenn letztlich keine vernünftigen Zweifel an dem wirklich Gewollten aufkommen. Entscheidend ist, dass aus dem Inhalt der Klageschrift und etwaigen Anlagen unzweifelhaft deutlich wird, welche Partei tatsächlich gemeint ist (vgl. BGH, Urteil vom 27.11.2007, X ZR 144/06, zit. in beck online).
Danach wollte die Klägerin ersichtlich ihre Vertragspartner aus den notariellen Kaufvertrag vom 18.10.2018 in Anspruch nehmen. Das Begehren auf die Einhaltung des notariellen Bauträgervertrags und Herstellung und Übereignung der Kaufgegenstände kann sich sinngemäß nur gegen die Vertragspartner richten. Die falsche Bezeichnung ist dadurch zu erklären, dass sowohl im Kaufvertrag (Anlage K 1) als auch im Nachtragsentwurf (Anlage K 4) als Verkäufer noch die Steglitzer Kreisel Turm GbR und die Steglitzer Kreisel Parkhaus GbR angegeben waren. Nach Auffassung des Gerichts ist unter Berücksichtigung des Handelsregisters zum einen von einer Identität auszugehen, da bei der Größenordnung des Umsatzes bei einem Bauvorhaben des Steglitzer Kreisels von einer sogenannten „unerkannten oHG“ ausgegangen werden kann. Das heißt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hatten sich die GbRs schon – ohne weiteres Zutun – in oHGs umgewandelt, sodass die Eintragungen im Handelsregister zum 19.02.2021 nur nachgeholt worden sind. Zum anderen ist zu erkennen, dass die drei alleinigen Gesellschafter der ursprünglichen GbRs bei Eintragung der oHGs als die drei alleinigen, persönlich haftenden Gesellschafter eingetragen worden sind. Ausweislich des Handelsregisters erfolgte dann mit Umwandlungsbeschluss vom 10.03.2021 die weitere Umwandlung in die Steglitzer Kreisel Turm GmbH und die Steglitzer Kreisel Parkhaus GmbH. Auch die Eigentümerstellung der GmbHs im Grundbuch spricht für die Identitätswahrung zu den ursprünglichen GbRs.
Kein anderes Ergebnis ergibt sich aus der von der Beklagtenseite zitierten Entscheidung des BGH vom 12.06.2022 zum Az. VIII ZR 187/01, wonach eine Klage gegen eine nicht mehr existierende Partei unwirksam ist.
Denn anders als im dortigen Fall war hier aus Sicht der Empfänger erkennbar, dass sich die Klage trotz der zunächst fehlerhaften Bezeichnung der Rechtsform gegen die GmbHs richten sollte und ferner Identität besteht. Dies zeigt sich zur Auffassung des Gerichts auch aus den späteren Prozessvorgängen, die ebenfalls als Auslegungsmittel in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 23.10.2003, VII ZB 19/02, zitiert in beck online). Die Beklagten haben die falsche Bezeichnung der Rechtsform von Anfang an erkannt und über ihre Prozessbevollmächtigten unmittelbar vortragen, dass sie nicht mehr als GbRs firmieren, sondern in GmbHs umgewandelt worden seien. Sie haben ferner ihre Verteidigung angezeigt, als sich auch zur Sache eingelassen.
Dass zwischen der in der Klageschrift ursprünglich bezeichneten Partei und der tatsächlich gemeinten Partei Identität besteht, zeigt sich schließlich insbesondere daran, dass die Beklagten Widerklage erhoben haben. Dies ist nur der wahren Partei möglich.
2. Bei der Umstellung der klägerischen Anträge handelt es sich um eine zulässige Klageänderung nach § 263 ZPO.
Der Wechsel vom Klageantrag auf Erteilung einer Eintragungsbewilligung zur beantragten Vornahme der Bildung des vertraglich versprochenen Miteigentumsanteils, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 256 und Vornahme der Teilung hinsichtlich Stellplatzes ist sachdienlich im Sinne von § 263 ZPO, da die weiter bestehenden Streitpunkte erledigt werden können und dadurch ein neuer Prozess vermieden wird (Greger in Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 263, Rn. 13). Vorliegend sind die Anträge, die die Klägerin zunächst ohne rechtlichen Beistand beim Amtsgericht Schöneberg gestellt hat, lediglich bei Vorliegen des gleichgebliebenen Sachverhalts geändert worden.
3. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Bildung des vertraglich zugesicherten Miteigentumsanteils in Höhe von 255/100.000 sowie auf Vornahme der Teilung des Teileigentums am Stellplatz aus §§ 650u Abs. 1 S. 2, 631 BGB in Verbindung mit dem Bauträgervertrag vom 18.10.2018. Der Anspruch ist nicht durch Rücktritt erloschen (dazu Zif. II zur Widerklage).
a) Im Kaufvertrag ist nach Zif. 2.3 eindeutig als Kaufgegenstand das „noch mit Vollzug der Teilungserklärung im Grundbuch zu bildende Wohnungseigentum in Höhe von 255/100.000 Miteigentumsanteil am Baugrundstück Turm, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nummer 256 bezeichneten Wohnung“ festgelegt worden.
Die Auffassung der Beklagten, dass diese Größe nicht dem Verhältnis der Größe der Miteigentumsanteile zum Wert des Sondereigentums entsprächen würde und daher eine entsprechende Zuordnung nicht möglich sei, teilt das Gericht nicht.
Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Vorgaben über das Verhältnis der Größe der Miteigentumsanteile zum Wert des eingeräumten Sondereigentums (Armbrüster in Bärmann, WEG, 15. Auflage, § 3 WEG, Rn. 40. m. w. N.), sodass die Beteiligten bei der Begründung der Miteigentumsanteile frei sind. Vorgeben ist nur, dass mit jedem Sondereigentum ein – in welcher Größenordnung auch immer sich bewegender – Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum verbunden ist. Eine Zuordnung entsprechend der Verhältnisse der Größe zum Wert entspricht zwar der Regel, ist aber nicht zwingend, sodass die vertraglich getroffene Regelung entscheidend ist (so auch BGH, Urteil, 18.06.1976, V ZR 156/75, zitiert in juris, Rn. 16). Nach dieser beträgt der Miteigentumsanteil 255/100.000.
Die Weigerung der Klägerin einen höheren Miteigentumsanteil zu akzeptieren, ist nach Auffassung des Gerichts auch nicht rechtsmissbräuchlich, da die Erhöhung der Miteigentumsanteile auch zu einer Erhöhung der Betriebskosten und des Wohngeldes führt. Die Klägerin hat zur Vermeidung der höheren Kosten ein berechtigtes Interesse an der vertraglich zugesicherten geringeren Höhe.
Auch ergibt sich aus dem Änderungsvorbehalt in § 16 des notariellen Kaufvertrages vom 18.10.2018 keine Verpflichtung der Klägerin zur Zustimmung.
Ein solcher Änderungsvorbehalt, wie er in § 16.1.c) vereinbart worden ist, ist dabei grundsätzlich zulässig (Baer in Bärmann/Pick, WEG, 20. Auflage, § 8, Rn. 12). Jedoch liegen die Voraussetzungen der Mitwirkungspflicht der Klägerin als Käuferin nach § 16.2 nicht vor. Die Beklagte zu 1. trägt lediglich vor, dass sich rechnerisch für die streitgegenständliche Wohnung ein 280/100.000 Miteigentumsanteil ergeben würde, wobei sie darüber irrt, dass das Gesetz insoweit keine zwingenden Vorgaben zur Begründung der Miteigentumsanteile enthält. Die Änderung der Miteigentumsanteil ist daher nicht nachträglich objektiv erforderlich im Sinne des § 16.2 geworden. Insbesondere handelt es sich – im Hinblick auf die mit einer Erhöhung der Miteigentumsanteile verbundene Erhöhung der Betriebskosten – auch um keine völlig unerhebliche Änderung im Sinne von § 16.2.c).
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der pauschalen Behauptung der Beklagten, dass eine nachträgliche Änderung nicht mehr möglich sei. Eine Änderung der Teilungserklärung kann der teilende Eigentümer vor Eintragung der Teilung ins Grundbuch jederzeit vornehmen.
Auch nach Eintragung ist eine nachträgliche Änderung der Miteigentumsanteile zulässig (Armbrüster in Bärmann, WEG, 15. Auflage, § 2, Rn. 86). Dabei ist zu beachten, dass nach der WEG-Reform im Jahr 2020 die rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 9a Abs. 1 S. 2 WEG bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht. Ihr einziges Mitglied ist zunächst der aufteilende Eigentümer, was die sogenannte „Ein-Personen-Gemeinschaft dar- stellt (Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, § 4 Entstehungsphase, Rn. 256, 261). Die Mitwirkung „werdender Wohnungseigentümer“ regelt nunmehr § 8 Abs. 3 WEG, wonach derjenige, der einen Anspruch auf Übertragung von Wohnungseigentum gegen den teilenden Eigentümer hat, die bereits durch eine Vormerkung im Grundbuch gesichert ist, dann als Eigentümer gilt, sobald ihm der Besitz an dem zum Sondereigentum gehörenden Räumen übergeben worden ist.
Nach Entstehen der Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Teilungserklärung nur noch durch aller Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft geändert werden (Baer in Bärmann/Pick, WEG, 15. Auflage, § 8, Rn. 11). Daran gemessen ist eine nachträgliche Änderung nicht unmöglich. Sollte die Beklagte als teilende Eigentümerin derzeit noch das einzige Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft sein, könnte sie die Änderung selbst vornehmen. Falls bereits nach § 8 Abs. 3 WEG weitere Mitglieder bestehen, müssten diese mitwirken. Dass etwaige Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft ihre Mitwirkung bereits verweigert hätten, trägt die Beklagte selbst nicht vor.
c) Die Beklagte vermag auch nicht mit ihrer Auffassung durchzudringen, dass ein Übertragungsanspruch eine neue Begründung hinsichtlich des geänderten Kaufgegenstandes voraussetze und eine neue Eintragungsbewilligung von allen Parteien erforderlich sei.
Die Klage zielt nicht auf eine Änderung des Kaufgegenstands ab, sondern auf Bildung des vertraglich zugesicherten Miteigentumsanteils in Höhe von 255/100.000. Ausweislich des eingereichten Schreibens des Amtsgerichts Schöneberg ist eine neue Eintragungsbewilligung nur hinsichtlich der neuen Größe des Miteigentumsanteils von 280/100.000 erforderlich, da diese von der vertraglichen Größe von 255/100.000 abweicht. Eine Eintragungsbewilligung ist nur bei einer Inhaltsänderung erforderlich (vgl. auch Armbrüster in Bärmann, WEG, 15. Auflage, § 7, Rn. 39), welche die Klägerin vorliegend gar nicht begehrt.
II. Widerklage
Mangels wirksamen Rücktritts ist das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet.
Dabei kann dahinstehen, ob die Rücktrittserklärungen der Beklagten in den Schreiben vom 27.07.2021, 11.08.2021 und 30.08.2021 in ordnungsgemäßer Bevollmächtigung im Sinne von § 174 BGB erfolgt sind.
Es scheitert jedenfalls an einem Rücktrittsgrund. Die Beklagten haben gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Vertragsanpassung im Sinne des Nachtragsentwurfs (Anlage K 4), sodass die Weigerung der Klägerin, diese zu unterschreiben, keinen Verstoß gegen das Kooperationsgebot darstellt.
Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die fraglichen Regelungen in Zif. 4.3., 4.9. und 5.3. im Kaufvertrag vom 18.10.2018, auf welche die Beklagten die Anpassungen stützen, wirksam sind. Denn jedenfalls lassen sich anhand dieser die vorgenommenen Anpassungen nicht begründen. Die Beklagten selbst haben auf Hinweis des Gerichts zu den Wirksamkeitsbedenken hinsichtlich Zif. 4.9. vorgetragen, dass im Hinblick auf § 308 Abs. 1 Nr. 4 BGB die Regelung „nur in ganz besonderen Fällen, und zwar ausschließlich aus wichtigem Grund“ Abweichungen zulässig seien. Selbst wenn die Regelung nach einem solchen strengen Maßstab noch wirksam sein sollte, liegt ein solch notwendiger wichtiger Grund für die Anpassungen nicht vor.
Zum Beispiel lässt sich das Entfallen des Fahrradaufzugs gemäß Zif. 5.4. im Nachtragsentwurf (Anlage K 4) weder auf Zif. 4.3., 4.9. noch auf Zif. 5.3. im Kaufvertrag stützen. Die Werkleistung im Hinblick auf den Fahrradaufzug war abschließend beschrieben, sodass die Reglung in Zif. 4.3 nicht greift. Auch liegt keine Verzögerung im Sinne von Zif. 5.3 vor, sodass lediglich Zif. 4.9. als Grundlage für die Anpassung des Vertrags in Betracht käme. Die pauschale Behauptung der Be- klagten, es ergäbe sich keine materiell-rechtliche noch wirtschaftliche Verschlechterung, ist nicht geeignet, einen wichtigen Grund im Sinne der Zif. 4.9. darzustellen.
Soweit sich die Beklagten hinsichtlich der Verzögerung zur Fertigstellung auf die Regelung in Zif. 5.3, dritter Spiegelstrich, „höhere Gewalt“ im Hinblick auf die Corona-Pandemie berufen, vermag dies auch nicht durchzugreifen.
Grundsätzlich kann eine Pandemie „höhere Gewalt“ im Sinne der Regelung darstellen. Jedoch kann die Corona-Pandemie nicht pauschal als Begründung für eine Bauzeitenverzögerung von über zwei Jahren herangezogen werden. Es bedarf vielmehr einer Darlegung, welche konkreten Abläufe sich durch die Pandemie verzögert haben (vgl. auch KG, Urteil vom 24.05.2022, 21 U 156/21, zitiert in openJur). Ein allgemeiner Anspruch auf Verlegung des Fertigstellungstermins von über zwei Jahren kann aus der Regelung nicht abgeleitet werden.
Auch die pauschale Behauptung der Beklagten, es läge hinsichtlich der nunmehr beabsichtigten Möglichkeit eines Nutzungserwerbs an einem Tiefgaragenstellplatz anstelle des geplanten Stellplatz-Erwerbs nur eine geringere Verschlechterung für die Klägerin als Erwerberin dar, vermag nicht zu überzeugen. Die Beklagte selbst trägt keinen Grund für die Vertragsänderung vor, der sich an den Regelungen in Zif. 4.3 und 4.9. prüfen lassen könnte. Ferner ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Kosten für einen etwaigen Nutzungserwerb – mit mindestens 50.000,00 € für die kleinste Stellplatzgröße – höher ausfallen sollten als der ursprüngliche Kaufpreis für den Eigentumserwerb des Stellplatzes in Höhe von 46.400,00 €.
III. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 S. 1 und S. 2 ZPO.