Wie man im Alter Liquidität aus der Immobilie schöpfen kann
Der Ruhestand bringt viele Veränderungen mit sich, und für viele Eigenheimbesitzer stellt sich die Frage, wie sie aus ihrem oft wertvollsten Vermögenswert – ihrer Immobilie – zusätzliche finanzielle Mittel ziehen können. Die Idee, im Alter von der eigenen Immobilie zu profitieren, klingt verlockend, birgt aber auch Herausforderungen. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Modelle, die es erlauben, Kapital aus einer selbstgenutzten Immobilie freizusetzen, ohne sie komplett zu verkaufen. Welche Chancen und Risiken gibt es bei den verschiedenen Möglichkeiten? Und welches Modell passt zu welchem Lebensstil?
Immobilie als Altersvorsorge: Das Grundproblem der Illiquidität
Eine eigene Immobilie ist für viele Menschen eine bedeutende Säule der Altersvorsorge. In Deutschland leben etwa 45 % der Haushalte in den eigenen vier Wänden. Auch Umfragen zeigen, dass viele Mieter langfristig den Wunsch haben, ein Eigenheim zu erwerben. Doch ein Problem bleibt: Immobilien sind illiquide, das heißt, das Kapital, das darin gebunden ist, lässt sich nicht einfach wie bei einem Bankkonto oder Wertpapierdepot „abheben“. Das wird zu einem Problem, wenn Eigenheimbesitzer im Ruhestand zusätzliches Geld benötigen.
Beispiel Maria und Peter: Maria und Peter sind beide 65 Jahre alt und haben gerade ihre Berufstätigkeit beendet. Ihr Eigenheim, in dem sie seit 25 Jahren wohnen, ist schuldenfrei und hat einen Marktwert von 500.000 Euro. Ihre Rente deckt jedoch nicht alle Lebenshaltungskosten, und sie haben eine monatliche Rentenlücke von 1.200 Euro. Das Problem: Ihr Vermögen steckt im Haus, und sie fragen sich, wie sie es nutzen können, ohne das Haus zu verkaufen.
Modell 1: Verkauf und Umzug in eine günstigere Immobilie (Downsizing)
Eine der einfachsten Möglichkeiten, um Liquidität aus einer Immobilie zu ziehen, ist der Verkauf und der Kauf einer kleineren oder günstigeren Immobilie. Dies wird oft als „Downsizing“ bezeichnet. Maria und Peter könnten ihr Haus verkaufen und eine günstigere Wohnung kaufen, um die Differenz für ihren Lebensunterhalt zu nutzen.
Chancen: Diese Lösung bietet sofortige Liquidität und niedrigere Lebenshaltungskosten. Sie ist rechtlich einfach und ermöglicht es, sich barrierefrei oder näher bei der Familie niederzulassen. Risiken: Downsizing bedeutet oft, dass der Lebensstandard sinkt. Der emotionale Verlust, das geliebte Zuhause aufzugeben, kann schwer wiegen. Zudem können die Umzugskosten den finanziellen Vorteil schmälern.
Modell 2: Teilverkauf der Immobilie an Finanzdienstleister
Beim Teilverkauf verkauft der Eigentümer einen Teil der Immobilie, in der Regel 50 %, an einen Finanzdienstleister. Maria und Peter könnten also die Hälfte ihres Hauses verkaufen, blieben aber weiterhin darin wohnen.
Chancen: Der Teilverkauf bietet sofortige Liquidität, ohne dass der Eigentümer das Haus verlassen muss. Er bleibt weiterhin in der vertrauten Umgebung und profitiert möglicherweise von der zukünftigen Wertsteigerung der Immobilie. Risiken: Der Eigentümer zahlt weiterhin alle Instandhaltungskosten, auch für den verkauften Teil der Immobilie. Zudem muss oft ein Nutzungsentgelt an den Käufer gezahlt werden, was die monatlichen Kosten erhöht. Komplexe Verträge und potenziell hohe Kosten bei einem späteren Gesamtverkauf machen dieses Modell oft weniger attraktiv.
Modell 3: Verkauf mit Nießbrauch- oder Wohnrecht
Beim Verkauf mit Nießbrauch- oder Wohnrecht verkaufen Maria und Peter ihr Haus, behalten aber das Recht, lebenslang darin zu wohnen. Der Käufer erhält die Immobilie erst nach ihrem Auszug oder Tod.
Chancen: Maria und Peter können weiterhin in ihrem Haus leben, während sie sofort Geld aus dem Verkauf erhalten. Der Verkaufserlös kann nach Belieben genutzt werden, und sie bleiben in ihrer gewohnten Umgebung. Risiken: Der Verkaufspreis wird durch das Wohnrecht oder Nießbrauchsrecht gemindert, was die sofortige Liquidität reduziert. Zudem muss klar geregelt werden, wer für die Instandhaltung verantwortlich ist, was zu rechtlichen Unsicherheiten führen kann.
Modell 4: Rückmietkauf (Sale & Leaseback)
Beim Rückmietkauf verkaufen Maria und Peter ihr Haus und mieten es direkt zurück. Das gibt ihnen sofort Liquidität und gleichzeitig das Recht, weiterhin dort zu wohnen.
Chancen: Der Rückmietkauf bietet die Möglichkeit, die Immobilie zu verkaufen, ohne ausziehen zu müssen. Der Käufer übernimmt die Instandhaltungskosten, und die Höhe der Miete kann langfristig fixiert werden. Risiken: Die monatliche Mietzahlung kann eine finanzielle Belastung darstellen, besonders wenn Maria und Peter auf lange Sicht weniger Einkommen haben. Zudem bleibt die Unsicherheit bestehen, dass der neue Vermieter die Bedingungen verändert oder die Miete langfristig anpasst.
Modell 5: Beleihung der Immobilie durch ein klassisches Darlehen
Eine der einfachsten Methoden, um Liquidität zu schaffen, ist die Beleihung der Immobilie. Maria und Peter könnten einen Kredit auf ihr schuldenfreies Haus aufnehmen und diesen zur Deckung ihrer Ausgaben nutzen.
Chancen: Maria und Peter bleiben vollständig im Besitz ihres Hauses, während sie dennoch Liquidität gewinnen. Der Kredit kann flexibel gestaltet werden, und es fallen nur Zinsen an, ohne dass das Haus verkauft wird. Risiken: Die Zinszahlungen müssen aus dem laufenden Einkommen oder anderen Mitteln bedient werden. Falls Maria und Peter nicht in der Lage sind, die Zinsen zu zahlen, könnte die Immobilie letztlich doch verkauft werden müssen.
Fazit: Die beste Lösung für Immobilieneigentümer im Ruhestand
Es gibt viele Möglichkeiten, um im Alter Liquidität aus einer Immobilie zu schöpfen. Für Maria und Peter gibt es keine „perfekte“ Lösung – die Wahl hängt von ihren individuellen Bedürfnissen und ihrem Lebensstil ab. Der Verkauf mit Nießbrauchsrecht oder eine einfache Beleihung der Immobilie könnten für viele Senioren die einfachsten und effektivsten Optionen sein, da sie sowohl Liquidität als auch die Möglichkeit bieten, weiterhin in ihrem Zuhause zu bleiben. Vor jeder Entscheidung sollten jedoch professionelle Beratung und eine genaue Prüfung der Verträge in Anspruch genommen werden, um Risiken zu minimieren.